Dienstag, 16. August 2016

Mein Abschlussbericht

Hallo ihr Lieben!
 
Wie vermutet habe ich es in den letzten Monaten nicht geschafft etwas auf meinem Blog zu schreiben ... der ganze Abschieds und Ankunftsstress hat überwiegt. Damit ihr aber trotzdem nochmal ein bisschen was zu lesen habt und wisst wie es mir zurück in Deutschland ergeht, stelle ich nun meinen Abschlussbericht hier rein den ich für die EWE Zeitschrift verfasst habe.
Weil ich jetzt wieder unglaublich schnelles Internet habe (ein hoch auf die deutschen Haushalte mit WLAN!) kommen ebenfalls ein paar Bilder hinzu über die ich beim Durchgucken noch so gestolpert bin.
Achja, was noch super wäre: Wenn ihr jemanden kennt, der vielleicht nächstes Jahr gerne ein Auslandsjahr machen möchte:
Am 10. September gibt es vom SDFV einen Infotag mit Berichten, Fotos, internationalem Büfett und vielem mehr. Ich werde auch dort sein und ein Vortrag halten und für Fragen bereitstehen. Wer also Interesse hat: Schaut gerne auf https://www.facebook.com/fsd.aachen/?pnref=story vorbei.
Viel Spaß beim Lesen :)
 
Ausleben und Einleben
Zwei Welten stoßen aufeinander, wenn ich an die Wochen des Abschieds und der Ankunft denke. Die Wochen in denen sich Sambia und Deutschland irgendwie überschnitten haben und ein Gefühlschaos in mir ausgebrochen ist, ein Gefühlschaos voller Gegensätze: Traurigkeit, Freunde, Panik, Angst, Aufregung, Stress, alles auf einmal. Der Abschied in Sambia ist mir überraschend schwer gefallen. Ich hätte zu Anfang des Jahres nie geglaubt, dass ich so sehr ankommen würde. Dass ich mich in einem Jahr so heimisch auf der anderen Welthalbkugel fühlen würde. Dass ich, wenn ich an Deutschland denken würde, gar nicht mehr wissen würde, warum ich dahin überhaupt noch zurückfliegen sollte: Ich hatte doch jetzt hier, in Sambia, alles was ich brauchte. Tränen sind geflossen, ich bin noch einmal richtig krank geworden, mein Kreislauf und meine Gefühle sind Achterbahn gefahren und die letzte Woche in Sambia war wie ein (Alb-)Traum: Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich das alles hinter mir lassen würde. Genießen war nicht mehr: Ich sah immer vor Augen, dass es das letzte Mal war: Das letzte Mal Messe feiern, das letzte Mal arbeiten gehen, das letzte Mal meine Freunde besuchen. Wie kann man das letzte Mal genießen? Die Menschen haben mir den Abschied besonders schwer gemacht, weil sie mir gezeigt haben, wie sehr sie mich schon in ihr Leben eingegliedert hatten. An meiner Abschiedsfeier hat meine Small Christian Community ein total schönes Video mit Bildern, die während des Jahres entstanden sind, gestaltet. Außerdem sind sowohl meine große Schwester aus Monze als auch aus Lusaka angereist um mir Tschüs zu sagen. Wir hatten die letzten Tage also ein volles und lebendiges Haus, was total schön war. Zum Abschied habe ich dann etwas ganz Tolles bekommen: Ein sambisches Trikot mit meinem Tonganamen auf dem Rücken! Ich war so stolz, dass ich es sogar auf dem Flug angezogen habe. Als ich mich von meiner Familie verabschieden musste und schließlich auf dem Weg nach Lusaka war, Mazabuka hinter mir gelassen, fühle ich mich, als hätte ganz Sambia mit mir Schluss gemacht: Es war Vergangenheit. Ich hatte mich in Sambia verliebt und nun flog ich wieder zurück „nach Hause“. Wie konnte ich nach Hause fliegen, wenn doch jetzt mein Zuhause in Sambia war? Als ich im Flieger saß, wusste ich immer noch nicht, worauf ich mich freuen sollte. Ich hatte vergessen, worauf ich mich das ganze Jahr immer gefreut hatte. Sambia war noch zu präsent. Deutschland schon viel zu weit weg. Mich stresste jeder Gedanke an das was nun vor mir lag.
Meine Zeit wieder in Deutschland lief langsam an, doch Tag für Tag zurück in der „Heimat“ freute ich mich mehr wieder hier zu sein. Es gab so viele Dinge die ich schon so lange nicht mehr gemacht hatte und wo ich schon ganz vergessen hatte wie gerne ich dieses und jenes tue. Endlich wieder deutsch reden. Endlich wieder Auto fahren. Endlich wieder in die Stadt shoppen gehen ohne alle zwei Meter angesprochen zu werden. Endlich wieder abends unterwegs sein ohne einen strengen Blick von den Eltern zu bekommen. Ich konnte kaum schlafen, weil es einfach bessere Dinge zu tun gab. Ich genoss es keine Teller zu spülen, keine Kleider mit der Hand zu waschen und nicht jeden Tag zwei Mal das Haus zu fegen. In den ersten Tagen war ich so beschäftigt wieder „deutsch“ zu werden, dass Sambia ziemlich in den Hintergrund rückte. Ich hatte Angst, dass ich das Jahr einfach vergessen würde. Dass ich morgens aufwachen und denken würde, dass alles nur ein großer Traum gewesen wäre.
Wieder prallten Gegensätze aufeinander: Es war für mich so schwer gewesen Sambia zu verlassen, aber ich war auch so glücklich wieder in Deutschland sein zu dürfen. Wie konnte das sein?
Zum Glück wurde nach und nach alles wieder Alltag und ich konnte Sambia mehr vermissen und wertschätzen. Ich vermisste die Spontanität der Menschen einfach mal bei Freunden vorbeizuschauen ohne sich Tage vorher zu verabreden. Ich vermisste es mit meinem Bruder so laut Musik zu hören, dass wir den ganzen Compound beschallen und dabei zu tanzen. Ich vermisste die schönen Sonntage mit meiner Schwester nach der Messe, wo wir das ganze Haus für uns alleine hatten. Ich vermisste unser Nachbarskind, das immer meinen Namen durch den ganzen Garten gebrüllt hatte, bis dass ich endlich kam und mit ihr spielte. Ich würde das Jahr nicht vergessen. Ich würde es weiterleben und mit meinen deutschen Freunden und meiner Familie teilen. Ich hatte über 2000 Fotos und Videos, ich hatte Geschichten und Erinnerungen, so viele, dass ich Wochen hätte durchreden können. Und überraschender Weise waren so viele Menschen interessiert an dem was ich erlebt hatte. Auch wenn manchmal das Verständnis falsch oder nicht da war. Das konnte ich ja immer noch ändern. Dazu war ich ja wieder hier.
 
 
schwerer Abschied von meiner Mama
 
 
 
 
 
Meine Geschwister! 
 
 
 
 
 
stolze Besitzerin eines sambischen Trikots mit meinem Tonganamen
 
 
 
 
meine Lieblingsnäherin und ihre Freundin auf dem Markt ... Sie ist gerade dabei mein Kleid zu nähen
 
 
 
 
meine Freunde aus meiner Small Christian Community in unserem Bus auf der Fahrt nach Choma
so fährt man in Sambia Minibus ... singend und mit Trommeln
Anschnallen, was ist das? 
 
 
 
 
 
nur hochmotivierte Schüler in meiner Klasse! Kunstunterricht was immer entspannt und wir hatten viel Spaß
 
 
 
 
Nein, ich esse keinen Stock, das ist Zuckerrohr! Mit anderen Freiwilligen und meinem sambischen Bruder haben wie die berühmten Zuckerfelder von Mazabuka besucht und den ein oder anderen Cane geklaut ... war einfach zu lecker!
 
 
 
 
So reist man in Sambia: Mit Kühen und Mealie Meal Säcken
 
 
 
 
ein zweites Mal bei den berühmten Victoria Falls. Diesmal war wenigstens ein bisschen Wasser da!
 
 
 
 
 
Meine Schwester hat Spaß mit unserem aufgeweckten Nachbarskind 
 
 
 
 
 
 
 
Meine Mama ist am Kochen ... natürlich auf Holzkohle 
 
 
 
 
Das ist unser kleiner aber feiner Markt in Kabobola
 
 
 
 
Mein sambischer Freund und ich an meiner Abschiedsfeier
 

 
 
 
In der letzten Woche hatten wir viel Besuch: Meine zwei Schwestern mit ihren Familien waren Zuhause! Das hieß: Viel kochen, viel essen, Betten teilen und ganz viel Reden und Lachen
 
 

 
 
 
Meine Stadt! Mazabuka the sweetest town in Zambia

Mittwoch, 15. Juni 2016

Die Zeit fliegt

Hallo und Kwaamba an alle Leute da draußen! 
Es tut mir unglaublich Leid, dass ich so lange nichts mehr von mir hören lassen habe. Ich kann kaum glauben, dass ich es in den ersten Monaten geschafft habe fast jede Woche etwas zu schreiben. Doch nach und nach ist Deutschland weit weggerückt und die Wochen haben angefangen wie im Flug zu vergehen. Ich war und bin zur Zeit viel zu beschäftigt meine letzte Zeit hier zu genießen, als dass ich Lust habe Blogeinträge zu verfassen. Eigentlich ja ein gutes Zeichen ...  


Seit April ist eine Menge passiert. 

  • Die Schule hat wieder begonnen. Ich unterrichte nun eine Klasse alleine in Kunst, da die Lehrerin ihr Baby bekommen hat. 
  • Ich war auf der Graduation meiner Cousine die nun eine Krankenschwester ist. 
 

 
 
 
 
  • Mein Vater hat angefangen in einer Bäckerei zu arbeiten.
  • Ich habe meine ältere Schwester und ihre Familie in Lusaka besucht. 
 
 
  • Ich habe zum ersten Mal meine Schwester kennengelernt, die einer Ordensgemeinschaft beigetreten ist, und da sie noch in der Ausbildung zur Nonne ist, ihre Familie nicht besuchen darf. Da es ein internationaler Orden ist, wird sie vielleicht sogar nach Deutschland gesendet. Es war sehr toll sie zu besuchen. 
  • Außerdem habe ich andere Freiwillige im Copperbelt Sambias besucht und nocheinmal ein ganz anderes Gesicht Sambias gesehen. Der Copperbelt etwas nördlich ist viel grüner als der Süden, aber auch kälter. Selbst Mazabuka ist die Tage im Mai und Juni ziemlich kalt geworden. 
  • Der Mais ist nun geerntet (einen Tag auf dem Feld habe ich auch im Mai gearbeitet und Mais geerntet) und das Land sieht nun braun und kahl aus. 
  • Die Regenzeit ist vorbei und es ist wieder sehr trocken und staubig -jedoch kalt. Morgens laufe ich nun schon immer in Jeans, Jacke und Schal zur Schule.  

Weil ich unmöglich alles erzählen kann, was die letzten Monate passiert ist, werde ich nur ein paar besondere Momente aufschreiben:  

*Ich habe eine Freiwillige in Kitwe besucht, die ebenfalls in einer Schule arbeitet. Sie unterrichtet dort die Vorschule was eine echte Herausforderung ist, da die Kinder nur Bemba reden. 



In dieser Schule haben wir zusammen eine Wand bemalt, da die Schule gerade frisch gestrichen wurde. Zusammen haben wir einen Baum an die Wand gemalt und daraufhin allen Kindern die Hände angestrichen, damit sie ihren Handabdruck als Blatt an der Mauer verewigen konnten. 





Es hat eine Menge Spaß gemacht und die Kinder waren begeistert von der Aktion.  

*Wir sind nun in unserer kleinen Gemeinde sehr aktiv und ich habe mich mit den Jugendlichen dort sehr gut angefreundet. 


In den Ferien war ich so fast jeden Tag bei ihnen Zuhause, da hier alle um die Ecke wohnen. Das ist so schön daran mitten im Compound zu leben. Zusammen haben wir Jugendlichen kleine Projekte gestartet um Geld zu sammeln. Wir waren Mais ernten und haben in Haushalten gewaschen. 


All die Zeit war jedes Mal total schön. Ich will gar nicht daran denken ohne sie nach Deutschland zu fahren.  

*Das erste Mal in meiner Zeit hier in Mazabuka ist ein Aufstand ausgebrochen. Meine Mama hat mir erklärt, dass das manchmal passiert, wenn die Leute über etwas sehr wütend sind und sich an der Polizei (die nicht immer etwas tut wenn etwas Schlimmes passiert) rächen wollen. So kam es zum Aufstand als ein vermisstes Mädchen tot aufgefunden wurde und der verdächtige Mörder nicht sofort festgenommen wurde. Die Leute fanden das unfair und fingen an Läden des Verdächtigen niederzubrennen. So steigerte sich die Wut und besonders bei mir Zuhause im Compound lag Spannung in der Luft. Schulen wurden im Nachmittag geschlossen. Zum Glück war nach einem Tag alles wieder ruhig. Mir wird ja oft gesagt, Sambia ist ein friedvolles Land. Wenn so etwas passiert zweifel ich dann manchmal an diesem Spruch. Doch man muss das alles in Relation sehen: Ich bin nun schon fast ein Jahr hier und das war das einzige Mal, dass so etwas passiert ist. In anderen Ländern um uns herum ist dagegen Gewalt Alltag.  

*Als ich meine Schwester in Lusaka besucht habe, sind wir zusammen mit meiner Cousine und meiner Nichte auf eine Geburtstagsparty gegangen. Ein Verwandter ist sechs Jahre geworden und die Eltern hatten uns eingeladen. 

(Busbahnhof Lusaka)


Da der Vater des Jungen eine Geschäftskette besitzt und ebenfalls seine Ehefrau dort sehr tätig ist, ist die Familie entsprechend wohlhabend. Es war sehr seltsam über die Sandpisten Lusakas an kleinen Häusern vorbeizufahren um dann durch ein riesiges Tor in ein ummauertes und alamanlagegesichertes Grundstück zu gehen. Mir ist dann ein weiteres Mal aufgefallen wie groß Klassenunterschiede sein können, besonders wenn die Mittelschicht nicht sehr groß ist. Irgendwie habe ich mich an diesem Tag sehr komisch gefühlt. Es ist schon traurig wenn man eine riesige Mauer um sein Haus bauen muss. Ich glaube, ich persönlich lebe da tausendmal lieber bei meiner Familie im kleinen Mazabuka mit all meinen Freunden um die Ecke.  

*Ich weiß gar nicht, ob ich schon mal etwas über Witchcraft geschrieben habe. Auf jeden Fall nehmen die meisten Leute hier die ganzen Hexengeschichten, die so kursieren, sehr ernst. Das hat mir auch wieder ein Issue in der Schule meiner Mitfreiwilligen gezeigt: Ein Junge hatte einem Mädchen mit einer Gabel (ich weiß bis heute nicht wie er das geschafft hat) die Haare an der Kopfhaut abgeschnitten. Nun kamen die Eltern des Mädchen ganz besorgt an, weil, wie ich dann gelernt habe, Haare schneiden früher oft als Teufelritual praktiziert wurde um diese Haare für andere Rituale benutzen zu können. Die Eltern sind sogar mit ihrem Kind zum Priester gegangen, damit dieser feststellen konnte, ob das Mädchen nun besessen ist. Ich und auch die anderen sambischen Lehrer haben nicht glauben können, dass so ein unschuldiger Akt so verfremdet werden kann. Mir wurde erklärt, dass früher so etwas vielleicht ein großes Thema gewesen wäre, aber heutzutage das nicht mehr passiert. 

*Ich bin immer wieder überrascht, wie gebildet und weltoffen katholische Priester und Ordensschwestern sind. In Deutschland sind das oft die Leute die als engstirnig und altmodisch bezeichnet werden. Hier jedoch ist das genau andersherum. Besonders aufgefallen ist mir das, als ich die Ordensgemeinschaft meiner Schwester besucht habe. Hier wird nur Englisch gesprochen, da verschiedene Nationalitäten zusammen kommen. Das Kloster hat große Gärten, eine wunderschöne Kapelle und sogar einen Pool. 


Die Schwestern sind noch total jung und super nett. Hier erlebt man wirklich einen Glauben in der Kirche, der noch viel lebendiger und offener ist.  



*Zuletzt noch etwas worüber viele Deutsche überrascht sind, wenn ich ihnen das erzähle: Dass ich hier natürlich auch EM gucke! Selbst hier verfolgen viele den europäischen Fußball und besonders mein Bruder ist ein großer Fan. So freue ich mich schon auf Donnertag um mit ihm das nächste Deutschlandspiel zu gucken. Hoffentlich haben wir Strom ...  



(Meine Familie)

Das waren ein paar Eindrücke aus den letzten Monaten. Ich weiß nicht, wann ihr das nächste Mal Zeit finden werde etwas zu schreiben. Gerade bin ich einfach viel zu gerne hier als an Deutschland zu denken. Aber keine Sorge, ihr werdet meine Geschichten spätestens hören, wenn ich wieder Zuhause bin. Sind ja nur noch sechs Wochen ...

Mittwoch, 27. April 2016

Eine Woche reisen

Waoh! Jetzt ist es schon fast wieder einen Monat her, seitdem ich mich das letzte Mal gemeldet habe. Die Zeit vergeht wie im Flug und es sind wirklich nur noch drei Monate bis ich wieder zurück nach Deutschland fliege. Ein ziemlich seltsames Gefühl ist das.

Da nun Schulferien sind, habe ich auch etwas Urlaub gemacht. Mit meiner Familie, dann einer anderen Freiwilligen und schließlich mit zwei Besuchern aus Deutschland, davon eine Vorfreiwillige, die 2011/12 mit dem EWE hier in Sambia war.

Mit meiner Familie sind wir für ein Wochenende meine Großtante in Chilanga besuchen gewesen. Sie hat dort eine Farm und ich war schon ganz gespannt wie ein sambischer Bauernhof aussieht. Ihre Farm besteht aus einem Wohnhaus, kleinen Häuschen für die Arbeiter (es wäre ansonsten viel zu weit jeden Tag auf die Farm zu kommen um dort zu arbeiten), Kühen, Hühnern, Hunden, Obstbäume und ganz viel Mais.







Ich war sehr überrascht richtige schwarz weiß Kühe zu sehen, da man in Deutschland oft hört „wenn man die Afrikaner fragt wie Kühe aussehen, denken sie, die wären lila, weil sie noch nie eine Kuh gesehen haben.“ Falsch! Ich habe mich wie Zuhause gefühlt. Das Tolle war, dass ich sogar versuchen durfte die Kühe zu melken. Gar nicht so einfach ist das und ganz schöne Muskelarbeit.


Sonst hatten wir Glück, dass zurzeit der Mais reif ist. Deswegen konnten wir in die Felder gehen, um frischen Mais zu pflücken und zu essen. Hier kocht man die Kolben entweder oder röstet sie auf dem Feuer. Was aber leider nicht reif war, waren die ganzen Früchte in dem Obstgarten. Es gab Mango, Bananen, Orangen, Granadillen und Zitronenbäume, doch April ist wohl nur Mais, Süßkartoffel und Erdnusszeit in Sambia.


Nach dem Wochenende auf der Farm bin ich mit einer anderen Freiwilligen zusammen nach Lusaka, der Hauptstadt, gefahren. Da ich direkt von der Farm nach Lusaka kam, war die riesige Stadt ein ganz schöner Schock für mich. Natürlich kann man Lusaka nicht mit einer europäischen Großstadt vergleichen, weil der Verkehr und die Menschen und die Häuser alles anders scheint, aber Lusaka ist mindestens genauso voll und bewegt wie die Städte bei uns.


Nur eben auf eine chaotische Art mit so vielen Gegensätzen. Schon wenn man nach Lusaka reinfährt schießen Einkaufsmalls aus dem Boden mit europäischen Läden und modernen Ausstattungen.


Es gibt Kinos, Restaurants, Rolltreppen und Boutiquen dort und da hier auch hauptsächlich viele wohlhabendere Leute einkaufen gehen, fühlt man sich gar nicht mehr wie in diesem typischen „Entwicklungsland-Bild“ das so oft in Deutschland vermittelt wird.
Auch in unserer Lodge, wo wir übernachtet haben, fanden wir viele andere Freiwillige und Menschen aus aller Welt und es war unglaublich interessant zu hören, was sie schon alles hier erlebt haben. Das Tolle hier in Sambia ist, dass die Menschen unglaublich offen und freundlich sind. Man lernt so schnell neue Leute kennen mit denen man einfach quatschen kann, als würde man sie schon sein Leben lang kennen. So fühle ich mich immer direkt total aufgenommen. Das war besonders in der Universität so, die wir besucht haben.


Die andere Freiwillige hat dort Freunde und so wollten wir die Chance nutzen um einmal eine sambische Universität zu sehen. Die Studenten wohnen hier in dem Campus in großen Studentenwohnheimen.


Hier teilt man sich jeweils ein Zimmer zu zweit oder kann sogar ein Einzelzimmer mit Bad mieten. Die Zimmer sind zwar recht klein (mit zwei Betten eigentlich schon ausgefüllt) aber die Studenten richten sich echt nett ein. Gekocht wird auf einem Campingherd im Zimmer und gelernt wird draußen oder in den Lehrräumen. In dem Campus gibt es außerdem eine richtig große, sehr modere Bücherei die gerade erst eröffnet wurde. Das Gebäude ist zwar riesig, nur leider etwas kümmerlich bestückt fanden wir.



So viele Bücher standen nämlich nicht in den Regalen. Ich fand die Atmosphäre in der Uni sehr toll. Die Studenten waren alle sehr herzlich und offen und wir weißen Freiwilligen wurden überhaupt nicht blöd angeguckt wie man manchmal das Gefühl draußen auf der Straße hat. Es war nochmal ein ganz anderes Bild von Sambia und den Menschen hier.
Natürlich ist Lusaka nicht nur voller Einkaufsmalls und Hotels und grünen Rasenflächen. Es gibt auch wirklich ärmere Viertel und Hinterhöfe mit Straßenkindern. In Mazabuka habe ich noch nie erlebt, dass Kinder betteln. Hier in Lusaka ist das schon öfters der Fall. Viele der Kinder schnüffeln Kleber und die älteren Jungen kaufen sich Bier von dem erbettelten Geld. Das ist die dunkle Seite von Lusaka.

Mit dem Minibus sind wir zwei dann anschließend noch nach Chirundu gefahren um dort unsere zwei Besucher aus Deutschland zu treffen. Hier hat uns wieder ein ganz neues und anderes Bild von Sambia erwartet! (Mich überrascht es immer wieder, dass ich selbst nach über acht Monaten in Sambia sehe, dass ich immer noch nicht alle Seiten des Landes kenne). Chirundu ist nämlich von Bergen umgeben und auf dem Weg von Lusaka bis dorthin habe ich mich gefühlt, als würde ich durch die Toscana fahren.


Es war eine unglaublich schöne Strecke. Wir haben nicht in Chirundu übernachtet, sondern in Chiawa, etwas außerhalb. Chiawa ist eigentlich gar keine Stadt, sondern nur ein paar zerstreute Hotels und Logden, die sich an den Zambezi und in den National Park dort gepflanzt haben. Das bedeutet, es gibt auch nur eine Sandpiste von Chirundu bis zum Gate des Parks, eine Sandpiste mit den Bergen im Hintergrund und grüner Wildnis links und rechts.


Unsere Lodge befand sich direkt am Ufer des Zambezis hinter einer großen Bananenplantage und ich habe mich wie in einer Doku gefühlt.


Es sah alles aus wie ein Bild aus einem Reisekatalog, richtig klischee-afrika-mäßig. Und wunderschön!


Wieder war es eine sehr große Umstellung: Von der lauten Hauptstadt in einen Nationalpark wo uns keine Menschenseele begegnet ist. Wie sich das gehört haben wir dann natürlich auch eine Safari gemacht und zwar per Boot auf dem Zambezi.


Ich habe es sehr genossen, besonders, wenn unser Begleiter den Motor des Bootes ausgemacht hat und ich die Stille des ganzen Parks hören konnte. Das allein war schon beeindruckend. Und dann natürlich die Tiere. Wir haben viele Hippo Herden sehen können, darunter sogar eine Mutter mit ihrem Baby. Außerdem konnten wir Krokodile sehen, Wasserschildkröten, Affen, sehr viele bunte Vögel und sogar –das Highlight- einen Elefanten. Es war toll einen freien Elefanten so nah beobachten zu können. Er stand direkt am Ufer und wir befanden uns im Fluss. Nachher waren wir alle einer Meinung, dass der Elefant das Beste an der Safari gewesen war.




In nur einer Woche habe ich also mal wieder so viele unterschiedliche Seiten von Sambia kennengelernt. Das Leben auf der Farm, in der Großstadt mit ihren vielen Gesichtern und in einem Nationalpark. Es waren unglaublich viele spannende Eindrücke.


Dienstag, 29. März 2016

Ostern

Ostern wird hier ganz groß gefeiert, eigentlich noch mehr als Weihnachten. Schon in der Fastenzeit wird jeden Freitag in der Kirche der Kreuzweg abgegangen und dann, Palmsonntag, fängt die heilige Woche mit einer Prozession an. Wir haben uns in der Stadt getroffen und auf einer großen Wiese versammelt. Dort wurden die Palmzweige gesegnet, eigentlich ähnlich wie in Deutschland, und dann sind wir zusammen zur Kirche gegangen.



Es war total toll. Jeder hatte einen großen Palmzweig in der Hand, alle haben damit geschwenkt und gewinkt und es wurde sehr viel, sehr laut gesungen. Am Straßenrand sind die Leute stehengeblieben und haben uns zugeguckt. Schließlich sind wir in die Kirche eingezogen.


Während des Gottesdienstes wurde viel getanzt und die Passion wurde in einem Rollenspiel vorgelesen. Ein sehr schön gestalteter Gottesdienst also. Meine Mutter hat mir erzählt in Kaleya (ein Nachbarort) reitet der Priester sogar auf einem Esel vorweg. Ich war begeistert wie intensiv hier der Einzug nach Jerusalem gefeiert wird.

Der nächste Gottesdienst war Gründonnerstag und zwar abends. Das erste Mal war es richtig frisch hier und ich bin sogar in Jacke zur Kirche gegangen. Eigentlich hatte ich nicht mit einer großen Feier gerechnet (wer geht in Deutschland schon Gründonnerstag in die Messe?), aber es war ein fast dreistündiger Gottesdienst mit sehr vielen Gesängen.

Karfreitag dann hatten wir Jugendlichen ein Schauspiel vorbereitet. Der Kreuzweg wurde (auf Tonga natürlich) von uns nachgespielt und es war wirklich sehr bewegend wie enthusiastisch die Mädchen und Jungen ihre Rollen gespielt haben.






Mit den Kostümen habe ich mich wie in die Zeit zurück versetzt gefühlt und erst Recht, als dann wirklich drei der Jungs an Kreuze „genagelt“ wurden und wir diese aufgestellt haben, als hätten wir eine echte Kreuzigung vor uns. Es war sehr ergreifend.

Samstags ging es natürlich in die Osternachtmesse die ich auch aus Deutschland kenne. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt und die Leute standen sogar draußen oder saßen im Gang. Neben der Osternacht wurden in dieser Messe noch 51 (!) Kinder getauft, was die Kirche nicht gerade leerer machte. Außerdem waren die Stella-Kinder wieder da um zu tanzen.
Diese Messe war bisher die schönste Messe in meinem ganzen Aufenthalt. Zunächst einmal war es total feierlich als alle Menschen in der dunklen Kirche ihre Kerze entzündet haben.



Man glaubt gar nicht wie hell es werden kann wenn nur Kerzen brennen! Und dann, schließlich, als es Zeit war das Licht anzuschalten und die Glocken zu läuten, weil wir Jesus Auferstehung feierten, da haben alle so gesungen, getanzt und Freudenschreie ausgestoßen, als wäre Jesus ein zweites Mal auferstanden. Die Menschen sind aus den Kirchenbänken gekommen und haben im Mittelgang und vorne am Altar, angeleitet von den Stella-Kindern, getanzt und es wurde laut gepfiffen und Halleluja gerufen. Ich habe sowas noch nie erlebt, nicht einmal hier. Es war fantastisch!

Ostersonntag gab es dann sehr viel gutes Essen wie es auch Weihnachten der Fall war.

Ostermontag fand das sogenannte Easter Festival statt. Es war ähnlich wie Weihnachten mit die Christmas Carols: Die Jugendlichen führen in ihren kleinen Gemeinden Lieder und Tänze auf. Dieses Mal war das Motto natürlich Ostern. Es war einmal wieder sehr schön zu sehen, wie sehr sich die Leute freuen, wenn eine „Weiße“ mit auf der Bühne Tonga oder Bemba singt und es auf die Reihe bekommt dabei noch die richtigen Schritte zu tanzen.






Mir hat es mal wieder viel Spaß gemacht, besonders dank meinen tollen Freunden die mit mir Singen gehen. Leider ist Ostern nun vorbei und ich kann mich noch nicht einmal auf nächstes Jahr vertrösten, denn dann werde ich nicht mehr hier sein! Eins steht aber deswegen auf jeden Fall fest:

Wenn ich Sambia wieder besuche, dann wird es auf jeden Fall über Ostern sein.